Challenge Accepted!

In diesem Blog Beitrag möchte ich ein paar Gedanken zur Tanzhaltung festhalten. Äußerer Anlass dafür sind zwei aktuelle Blog Beiträge meines Blogger Kollegen Gerhard Riedl, in denen er sich zu seinem eigenen Tanzstil äußert. In seinem ersten Beitrag schreibt er:

Eine enge Tanzhaltung verwende ich nur, um fallweise die Innigkeit der Musik auszudrücken. Ansonsten arbeite ich oft mit Promenaden, Schattenpositionen und sehr weiten Abständen.

In seinem zweiten Blog Beitrag heißt es:

Auffallen könnte höchstens, wer in weiterem Abstand tanzt oder diese Haltung fallweise auflöst. Dann ist es nicht mehr weit bis zur Diagnose „Neotango“ – igitt!

Wer also aneinander gepappt tanzen will, hat meinen vollen Segen – so lange man es mir nicht aufzwingt. Ebenso, wer im tangotypischen Alter nackend durchs Thermalbad hüpfen möchte. Für mich ist das keine Frage der Moral, sondern höchstens der Ästhetik. Und auf dem Parkett: der Bewegungsfreiheit.

Diese Aussage finde ich sehr interessant, weil ich früher dieselbe Einstellung hatte: Nur in einer offenen Tanzhaltung habe ich die Bewegungsfreiheit, die ich brauche, um alle Figuren tanzen und mich in vollem Umfang ausdrücken zu können. Und wenn meine Tanzpartnerin eine enge Tanzhaltung bevorzugt, dann werde ich diese immer mal wieder auflösen um (bei entsprechender Dynamik der Musik) auch raumgreifende Figuren zu tanzen.

Allerdings hat sich genau dieser Punkt in den letzten Monaten für mich fundamental verändert. Und zwar gleich aus mehreren Gründen:

  1. Der Abstand zwischen mir und meiner Tanzpartnerin wird nicht von mir festgelegt sondern von meiner Tanzpartnerin. Wenn sie gerne in einer engen Umarmung tanzen möchte, dann sollte ich sie nicht zurückweisen sondern diese Umarmung im Sinne unseres gemeinsamen Tanzvergnügens akzeptieren und auch die gesamte Tanda lang durchgehend beibehalten. Ich sollte also lernen, mit dieser für mich neuen Herausforderung umzugehen.
  2. Eine erfahrene Tango Lehrerin, die immer in sehr enger Milonguero Tanzhaltung tanzt, wies mich darauf hin, dass man auch in einer engen Tanzhaltung praktisch alle Figuren tanzen kann. Als Beispiel erklärte sie mir, wie man ein Sandwich tanzt ohne die Milonguero Tanzhaltung zu verlassen. Bisher hatte ich das Sandwich immer nur offen getanzt. Aber das zerreißt die enge Verbindung.

Kann man wirklich alle "normalen" Figuren auch in enger Tanzhaltung tanzen? Genau dieser Frage habe ich mich in den letzten Monaten gewidmet. Und das Ergebnis meiner Experimente ist: Sie hat Recht! Man kann zwar in der sehr engen Tanzhaltung keine Colgadas und keine Hebefiguren tanzen. Aber alles andere funktioniert wunderbar. Richtig ist: Die Figuren müssen in einer engen Tanzhaltung anders getanzt werden als in einer offenen Tanzhaltung. Aber das macht sie nicht besser oder schlechter.

Ich bin durch diesen Lernprozess meinem Ziel wieder ein ganzes Stück näher gekommen, die Musik zusammen mit meiner Tanzpartnerin so zu interpretieren, dass wir beide Spaß daran haben. Und zwar in jeder Tanzhaltung, auch dann, wenn wir "aneinander gepappt tanzen". Denn wie immer hat natürlich meine Tanzpartnerin die Priorität und nicht die Musik.

Kommentare

  1. > auch dann, wenn wir "aneinander gepappt tanzen".

    Na dann wünsche ich viel Spaß "in sehr enger Milonguero Haltung" (und bitte Aneinander-Lehnen nicht vergessen!) z.B. zu Infiltrado (https://www.youtube.com/watch?v=ctU3KxqniIw) zu tanzen.

    > Denn wie immer [...] und nicht die Musik.

    Ja genau, so geht Tango: Wenn deine unmusikalische Partnerin z.B. zu "Tango to Go" (https://www.youtube.com/watch?v=jnaEdrZKDpc) "aneingepappt" mit kleinen Fuzzelschrittchen herumschlurfen möchte, hat das natürlich "Priorität".

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wer geht auf den Taktschlag?

Wieviel muss ich vom Tango verstehen um guten Tango zu tanzen?

Der perfekte Tango