Kurznotiz 3: La Yumba

Ich habe es endlich geschafft, mir das legendäre "finally together" Konzert von Osvaldo Pugliese und Astor Piazzolla anzuhören, die 1989 gemeinsam aufgetreten sind. Besonders bemerkenswert ist der Schluss des Konzerts (ab Minute 55:30). Zunächst wird der Gassenhauer "La Yumba" gespielt, den jeder im Publikum kennt und bejubelt.

Aber dann hat Piazzolla Pugliese reingelegt: Nach dem originalen La Yumba (mit Don Osvaldo am Klavier und Piazzolla ganz unschuldig am Bandoneon) übernimmt Gerardo Gandini, der Pianist aus Piazollas Orchester, und spielt La Yumba noch einmal, und zwar in seiner eigenen Interpretation (ab Minute 58:30 bis 1:01:40). La Yumba wird von ihm völlig verfremdet, aber man erkennt es trotzdem sofort wieder, sowohl in der Melodie als auch in der Charakteristik des Stückes. Pugliese selbst schaut sehr erstaunt und war ganz offensichtlich in diese Aktion nicht eingeweiht. Und Piazzolla freut sich diebisch.

Für mich ein absolutes Highlight des Tango Nuevo. Im Gegensatz zum Original ist diese Fassung in meinen Augen absolut untanzbar. Aber es ist ein wunderbarer Hörgenuss, dem ich jedem nur empfehlen kann.

Kommentare

  1. Ich vermeide ja den absoluten Begriff "untanzbar", weil es ja immer von den eigenen Fähigkeiten und dem was ich in der Musik höre und interpretieren will, abhängt, ob ein Musikstück für mich subjektiv tanzbar ist. Ob dir / meiner Partnerin das dann gefällt, ist eine andere Frage. Aber gerade bei Musik / Tanz / Kunst halte ich solche Aussagen, die Objektivität zu vermitteln versuchen, für sehr schwierig.
    Diese Version von "La Yumba" finde ich aber vom Hören her gar nicht so schwierig zu tanzen. Habe sie mir jetzt extra noch zweimal angehört. Zumindest hab ich immer eine Idee, was zur Musik machen / versuchen würde. Schwierig - ja (vor allem die einstimmigen und die ganz schnellen Passagen). aber es würde mir glaube ich viel Spass machen, mich dran zu versuchen. So ähnlich wie die "Malena"-Version von Pablo Aslan (nicht die vom Album Tango Desatado- auch gut, aber noch harmlos).
    Viel schwieriger finde ich z.B. Stücke wie das Preludio y fuga aus dem gleichen Piazzolla/Pugliese Konzert oder zum Beispiel BeBopTango von Zappa - an die würde ich mich noch nicht und vielleicht nie ran wagen.

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    1. Hallo Carsten,

      Na, da bist Du Dir ja mit meinem Blogger Kollegen Gerhard Riedl und seiner Tanzpartnerin Manuela Bößel einig. Gerhard hat auf meine Kurznotiz mit einem eigenen Beitrag geantwortet, siehe https://milongafuehrer.blogspot.com/2024/04/piazzolla-zum-tanzen-12.html

      Ich bin da allerdings eher bei Klaus Wendel, der das Konzert live miterlebt hat und zu Riedls Beitrag den folgenden Kommentar verfasst hat:

      "Herr Riedl,
      Danke für die Erinnerung an dieses Konzert, obwohl ich meine eigene Erinnerung an diese 3 prägenden Konzerte mit Osvaldo Pugliese in Amsterdam (zuletzt dann beim erwähnten mit Astor Piazzolla) habe und sie mir eigentlich nicht von Ihnen vermiesen lassen möchte: ich saß nämlich im Publikum. Doch während bei den Pugliese-Konzerten ein Tanzpaar dabei war - Vanina Bilou & Alejandr Aquino - wurde bei "Finally Together" kein Tanzpaar eingeladen. Warum wohl? Dämmert's? Offenbar hat sich kein Paar gefunden? Keiner weiß es, aber vermuten tun es wohl viele: das hat sich wohl kein ernstzunehmendes Paar zugetraut und es machte auch keinen Sinn.
      Aber Sie und die Tango-Nuevo-Ikone Manuela Blöße(l) mussten ja - zum wievielten Mal eigentlich? - die Untanzbarkeit vieler Stücke von Piazzolla - insbesondere die der überleitenden Improvisation Gandinis ohne belegenden Beweis bezweifeln. Mal eine Frage: Wie soll eigentlich ein Tangopaar zu dieser Standby-Improvisation, bei der selbst die beiden Orchesterleiter A.P. & O.P. anhand der etwas entgleitenden Fantasie Gandinis ungläubig den Kopf schütteln, ad hoc ein akzeptables Tanzerlebnis herbeizaubern? Aber Frau Blößelel weiß es ja besser…? [...]
      Klaus Wendel"

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    2. Ein solch unsachlicher und demagogischer Betrag wie der von Herrn Wendel erfordert ein wenig Definitionsarbeit, wenn ich mich nicht auf des gleiche Niveau begeben will.
      Es geht um den Begriff "untanzbar", also ein Wort mit dem Suffix "-bar". Wikipedia dazu:
      "Die Bedeutung von -bar lässt sich mit können umschreiben, da es auf eine Möglichkeit hinweist: „heilbar“ bedeutet dann, dass jemand oder etwas „geheilt werden kann“.
      "Unheilbar" ist eine Krankheit, die nicht geheilt werden KANN. Jedoch bedeutet ein EINZIGER Fall von erfolgreicher Fall von Heilung die Widerlegung dessen. Eine Krankheit, die einmal geheilt worder ist, ist nicht mehr unheilbar (analog auch zum bsp. "unfrucht-bar").
      Genauso ist eben auch ein Lied, zu dem einmal getanzt worden ist, nicht mehr untanzbar. Irgendwie scheint das auch Herrn Wendel klar zu sein - denn er schummelt deshalb wertende Begriffe rein (ohne sie zu definieren): "ernstzunehmendes" und "akzeptabeles".
      Damit öffnet er die Entscheidung der "Tanzbarkeit" jedoch zu subjektiver Beliebigkeit. Wenn ich es so will: Jedes Paar, dass ich ernst nehme und jedes Tanzerlebnis, dass ich akzeptabel finde, macht selbst nach seiner Darstellung ein Lied tanzbar. Und da ich mich ernst nehme und ein Tanzerlebnis immer akzeptabel finde, wenn ich und meine Partnerin Spass daran haben, ist automatisch jedes Lied zu dem ich tanze, tanzbar. Q.E.D.
      Herr Wendel mit seinen eigenen Worten wiederlegt.
      Vermutlich meint er (implizit) jedoch ernst genommen von (und akzeptabel für) "Experten" (unbestimmt). Nun, wenn es nach den argentinischen Tango-"Experten" der Piazzolla-Zeit gegangen wäre, hätte es gar keinen Piazzolla-Tango gegeben (so sehr ist er von diesen "Experten" angefeindet worden). Deshalb lehne ich solche Autoritäten kategorisch ab.
      Besonders amüsant finde ich jedoch das Argument, dass es beim "Finally Together" kein Tanzpaar gegeben habe... Warum wohl? Weil die Veranstalter nichts oder nicht genug dafür ausgeben wollten - Sjow-Tanz (das ist was Showtänzer gegen Geld tun) bekommt man beeindruckend zur jeder Musik hin. Zumal ja angeblich niemand vorher von der freien Improvisation wußte... (da beißt sich Herr Wendel selbst in den Schwanz).
      Soweit meine logische Fingerübung, um die unlogischen Behauptungen von Herrn Wendel zu entlarven.
      Ansonsten halte ich mich aus der Diskussion um die "Tanzbarkeit" von Piazzolla-Stücken wider heraus und mache es einfach. Egal was die Herren Schütt und Wendel behaupten und bemitleide sie ob ihrer Beschränktheit.
      Wer mit mir die Grenzen der Tanzbarkeit austesten und überschreiten mag, kann hier bei der Milonga "Diamante Loco" Spass haben:
      https://tangoinitiative.de/milonga/neo-milonga-diamante-loco/

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    3. Hallo Carsten,
      Dieselbe Diskussion hattest Du doch schon mal mit Jochen Lüders. Seinen Aussagen habe ich nichts hinzuzufügen.
      Liebe Grüße,
      Helge

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